Heute habe
ich die Ehre wieder ein paar Ausschnitte aus einer ganz besonderen Facharbeit
von meiner Schülerin Denise zu veröffentlichen.
Seit April 2013 arbeitet Denise als Pflegefachkraft im Hospiz in
Schwerin. Es bietet 12
Gästen ein letztes Zuhause. Jedem Gast steht ein geräumiges Einzelzimmer mit
Dusche und WC zur Verfügung, das er sich auf Wunsch auch selbst einrichten und
gestalten kann.
Auch an die speziellen Bedürfnisse der Angehörigen wurde gedacht. Diese
können in der Begleitungsphase das Gästezimmer der Einrichtung nutzen.
Die Implementierung
aromapflegerischer Anwendungen und anderer Komplementärmethoden der Pflege
durch die Pflegekräfte vor Ort steckt noch in den Kinderschuhen – aber die
Offenheit und Bereitschaft, sich auf den Weg zu begeben, sind deutlich
erkennbar.
Aufgrund meiner laufenden Ausbildung in der Aromapflege und meinem
Wunsch, diese auch praktisch anwenden zu dürfen, erhielt ich auf Nachfrage bei
der Pflegedienstleitung die Erlaubnis, Aromapflege vorerst in Form der
Aroma-Massage, Hand- und Fußbädern sowie Waschungen und Raumbeduftung
durchzuführen.
Obwohl bereits 100% reine ätherische Öle sowie elektrische Aromalampen
in der Einrichtung zur Verfügung standen und
entsprechende Mundpflegeöle aus der Bahnhofsapotheke in Kempten bestellt
worden waren, konnte ich deren Anwendung kaum beobachten. Wie ich erkennen
musste, waren die Mitarbeiter der Thematik an sich sowie der Wirksamkeit der
Aromapflegeprodukte sehr skeptisch gegenüber eingestellt.
Mein Favorit – Die Aroma-Massage
(Quellen:
Der folgende Gliederungspunkt und die Textabschnitte der Unterpunkte wurden unter Zuhilfenahme der
Seminarunterlagen von Sabrina Herber und dem Buch „Hilfreiche Gespräche und
heilsame Berührungen im Pflegealltag von Specht-Tormann/Tropper,S.68 ff. erarbeitet.)
Im Verlauf der Ausbildung in der Aromapflege stand als Zusatzmodul das
Erlernen der Aroma- Massage zu Auswahl.
Schon als Kind durfte ich die entspannenden und wohltuenden Massagen
meiner Großmutter genießen. Meine Beschwerden (z.B. Anspannung, Ängste,
Schmerzen im Nackenbereich, Nervosität) konnten durch ihre Berührungen deutlich
gelindert werden. Obwohl meine Großmutter keine Ausbildung in dem Bereich
genossen hatte, griffen wir gern auf ihre Fähigkeiten zurück. Meine Mutter
sagte immer, dass Oma heilende Hände besitzen würde. Auch wenn das so mancher
in Frage stellen würde, so gab sie uns
doch während der Massage das Gefühl der Geborgenheit, der Wärme, der Nähe und
vor allem Zuwendung.
Diese Erinnerungen und das bereits erworbene Wissen über die Wirkung der
ätherischen Öle und die in Aussicht gestellte Möglichkeit, diese in Form der
Massage sowohl über die Haut als auch über den Geruchsinn einsetzen zu können,
sorgten dafür, dass ich voller Vorfreude meine Anmeldung zum Kurs ausfüllte.
Allein die
Wirkungsbandbreite der Massage… hier nur einige Beispiele
o deutliche
Linderung von Alltagsbeschwerden
o Gefühl der
Wärme, Geborgenheit, Zuwendung, Nähe zu vermitteln
o die
Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensenergie, inneren Harmonie
o Entspannung,
Lösen von Stresszuständen, Linderung von Schlafstörungen
o Hautpflege,
Regeneration der Zellen
o Durchblutungsförderung,
Förderung des Stoffwechsels
o Stärkung
des Immunsystems
o Förderung
der Konzentration
o Förderung
der nonverbalen Kommunikation
o Festigung
der zwischenmenschlichen Beziehungen…
…faszinierte mich und bestätigten meine Annahme, dass ich diese
Fähigkeit gut in der Hospizpflege einsetzen könnte.
..............
Bevor ich das Angebot einer
entspannenden Aroma-Teilmassage unterbreite, frage ich mich selbst:
o Wie fühlst
du dich gerade? (z.B. entspannt oder angespannt)
o Fühlst du
dich in der Lage eine entspannende Massage zu geben?
o Hast du
ausreichend Zeit?
o Willst du
diese Zeit für eine Anwendung einsetzen?
o Bist du
bereit, diese Zeit dem Gast voll zur Verfügung zu stellen?
Da ich die Aroma-Massage als einzige Fachkraft in dem entsprechenden
Umfang durchführe und keine zusätzlich Zeit zur Verfügung habe, muss ich leider
oft auch danach fragen:
o Ist deine
Kollegin bereit, auf deiner Seite zur Klingel zu gehen, während du beim Gast
bist?
o Welche und wie viele Anwendungen kannst du überhaupt
in den normalen Ablauf einbinden?
o Welche
Gäste haben Bedarf?
o Wo setzt du die Prioritäten? (Welche Bedürfnislage
ist dringender? Wer kann oder muss noch 1-2 Tage länger warten?)
Folgende Mischverhältnisse finden Anwendung:
- Mischung 0,5%ig: 10ml Basisöl + 1 Tropfen ätherische Ölmischung
- Mischung 1,0%ig: 10ml Basisöl + 2 Tropfen ätherische Ölmischung
...........
Aroma-Massage
als Kommunikationsform
Wie Ihnen bereits aufgefallen ist, ist die Unterbreitung des
Wohlfühlangebotes allein schon verbal kommunikativ stark geprägt.
o Informationen
werden gegeben und im Gegenzug gesammelt.
o Einstellungen,
Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse werden erfragt…
o …auf genau
diese wird dann reagiert, sie werden berücksichtigt.
o Empathie,
Achtung und Respekt dem Gast gegenüber sind
Grundvoraussetzung für eine gelingende Kommunikation.
o Die
Authentizität des Anbietenden ist oftmals ausschlaggebend für den Gast, um
demjenigen das Vertrauen zu geben, der die Massage durchführen möchte, um ihn
ohne Notwendigkeit so nah an sich und seiner Körper heranzulassen.
Erst die Kommunikation im Vorfeld entscheidet darüber, ob dem Gast die
Sicherheit vermittelt werden kann und in deren Folge das Vertrauen aufgebaut
wird, um die folgende nonverbalen Kommunikation – die Massage = Sprache der
Berührung – überhaupt durchführen zu können.
Massage als Sprache der Berührung
Die Sprache der Berührung dient genauso dem Kontaktaufbau, dem Austausch
von Informationen, dem Übermitteln von Einstellungen und Meinungen wie die
verbale Kommunikation.
Die Sprache der Berührung ist außerdem die erste Sprache, die Kinder
lernen. Schon im Mutterleib lernen sie die natürliche Begrenzung durch den
Uterus kennen, werden von Fruchtwasser umspült, spüren Erschütterungen und
hektische Bewegungen und können auch schon entspannendes Wiegen genießen. Nach
der Geburt ist das Kind von den sprechenden Händen der Mutter abhängig. Wie
fühlen sich z.B. die Hände der Mutter an. Wie berührt/wiegt die Mutter das
Kind? (hektisch, gestresst, ruhig, entspannt). Wie nimmt die Mutter das Kind in
den Arm(überfallend oder liebevoll) Kinder lernen begreifend ihre Umwelt kennen und machen sich ein Bild von der Welt.
Sie entwickeln über Berührung auch das Gefühl von Sicherheit und Unsicherheit,
von Ruhe oder von Hektik, Stress. Wir alle sammeln ein Leben lang
Berührungserfahrungen (angenehme aber auch unangenehme) und werden so Experten
für Berührung. Und wir sprechen die Sprache der Berührung auch bis an unser
Lebensende. Auch dann, wenn uns der Weg zur sprachlichen Äußerung schon längst
verstellt ist.
Wenn wir alle Experten in Bezug auf Berührung sind, könnte dann jeder Einreibungen, Streichungen und Wohlfühlmassagen
geben?
Grundsätzlich : Ja
Was bedeutet das Vorhaben für den
Massage-Gebenden?
Grundsätzliches über die
Berührungsqualitäten zu wissen:
o Berührungen können
entspannend, schön, belebend, anregend oder
beruhigend sein
o Berührungen können
Gefühle transportieren, Erfahrungen vermitteln,
Erlebnisse unterstreichen
o Können Intimität
schaffen und den Eintritt in tiefere seelische Schichten
ermöglichen
aus therapeutischer Sicht bedeutet es:
o immer auch
den Körper des Gegenübers anzunehmen
o sich auf
Funktionsabläufe des Gastes einzulassen
o Störungen
zu erkennen und zu bearbeiten
aus pflegerischer Sicht bedeutet
massieren auch
o den
persönlichen Lebensraum und dessen Grenzen zu beachten
o zwischen
Berufsberührung und Beziehungsberührung zu unterscheiden
o zu wissen,
dass die Massage eine Möglichkeit zur Sinnesstimulation und Eintritt in die
biographische Geschichte der Betreuten darstellen kann
Folgende Punkte hat Denise in Ihrer mehr als 50 seitigen Facharbeit ausgearbeitet:
- Beachtung des persönliche Lebensraumes und seiner Grenzen während der Massage
- Unterscheidung zwischen der Berufsberührung und der Beziehungsberührung
- Sinnesstimulation und Eintritt in die biographische Geschichte
- Aroma-Massage als symptomlindernde Maßnahme
- Wie berühre ich einen Patienten?
Einige Beispiele:
•
langsamer Berührungsfluss = Beruhigung
•
beschleunigter Bewegungsfluss = Ankündigung
eines Erlebens
•
ruckartige Bewegung = erzeugen
Stress, Unbehagen
•
kräftige Berührungen = stimulieren
•
sanfte Berührungen = entspannen
Konkret bedeutet das:
•
Ich nehme dich wahr, wie du bist.
•
Ich akzeptiere dich, wie du bist.
•
Ich bin bereit, deinem Rhythmus
entgegenzukommen.
auch die Kräuterstempelmassage hat Denise erlernt |
Fallbeschreibungen
Fr. K. geb. 12.09.1930
Diagnosen: CUP-Syndrom, Pleurakarzinose bds., chronisch
respiratorische Insuffizienz, arterielle Hypertonie, chron. Herzinsuffizienz,
chron. Niereninsuffizienz Stad.III; Epilepsie
belastendes Hauptsymptom: Dyspnoe
Da sich Atemnot häufig lindern lässt, in dem man die Aufmerksamkeit vom
Ort des Geschehens z.B. von der Lunge auf die Füße lenkt, bot ich dem Gast als
Einstieg eine entspannende Fuß-Bein-Massage an und zur Vorbereitung ein
Aromafußbad (da sich der Gast noch selbst zu versorgen versuchte und schlecht
an die Füße reichte).
Zur Auswahl stellte ich Fr. K. drei ätherische Ölemischungen:
„Engelsgleich“, „Sprachlos“, „Keep smiling“, da sie immer Früchte und Blumen
auf dem Tisch zu stehen hatte. In der Hinterhand behielt ich noch die
ätherische Ölmischung „Im Fluss sein“, da Fr. K. an manchen Tagen über
Wassereinlagerungen in den Füßen klagte, die jedoch nicht als prominent zu
bezeichnen waren.
Fr. K. bevorzugte für sich die
ätherische Ölmischung „Engelsgleich“.
Fr. K. empfand die Ölmischung „Im Fluss sein“ als unangenehm.
Ich respektierte ihre Wahl und ging ins Schwesternzimmer, um das
Massageöl zu mischen. Da Fr. K. ein trockenes Hautbild (vor allem an den Unterschenkeln)
aufwies, entschied ich mich für die
Basisöle: Jojobawach und Aprikosenkernöl und mischte diese 1:1. Insgesamt
verwendete ich 7,5ml von jedem Basisöl. In diese Mischung träufelte ich
3Tropfen der ätherischen Ölmischung „Engelsgleich“, d.h. ich stellte eine 1,0% Mischung her.
Nach der Aufklärung und dem Allergietest verabredeten wir uns am Abend
vor der Nachtruhe. Zu Beginn richtete ich das Fußbad und emulgierte 1 Tropfen
der ätherischen Ölmischung Engelsgleich in einem kleinen Fertigpack Kaffeesahne.
Das emulgierte ätherische Öl gab ich im Anschluss in das Wasser, das sich in
der kleinen Waschschüssel befand und verteilte die Mischung gleichmäßig.
Da Fr. K. ein sehr kommunikativer Mensch ist, nutzte sie die
Gelegenheit, um sich während des Fußbades mitzuteilen (kurzatmig, mit
Sauerstoff). Sie äußerte sich positiv über das Gefühl und den Geruch des
Fußbades. Nach 10 min beendeten wir das Fußbad. Ich traf die entsprechenden
Vorbereitungen zur Massage.
Zu Beginn der Massage erzählte Fr. K. noch sehr rege (Atmung ruhiger und
tiefer), während der Massage stoppte sie sich selbst im Redefluss und bemerkte,
dass ihr ja so der ganze Genuss verloren gehen würde. Ab diesem Zeitpunkt
wollte sie genießen. Nur noch einmal meldete sich zu Wort, erzählte von einer
Kochsendung und einem Rezept, für das sie immer bewundert worden war, dann
schwieg sie bis zum Ende der Massage. Mir ist zwar unklar, wie man von der
Ölmischung „Engelsgleich“ auf eingelegten Brathering in Aspik kommen kann, aber
ich fand die Geschichte amüsant.
Da Fr. K. eine sehr offene, orientierte und wissbegierige Frau ist,
konnte ich ihr den Bogen mit den Beobachtungsfragen aushändigen und erklären.
Sie gab ihn mir nach der 2. Anwendung ausgefüllt zurück. (siehe Anhang)
In der Folge erhielt Fr. K. noch drei weitere Fuß-Bein-Massagen und 3
Schulter-Nacken-Massagen, die sich laut ihrer Aussage sehr positiv auf ihr
Befinden auswirkten. „Sie wissen gar nicht, wie schön es ist, wenn man wieder
einmal richtig durchatmen kann.“
Neben der Aroma-Massage wandte ich im Verlauf bei Fr. K auch
Medi-Akupress zur Förderung der Atmung an. Der Erfolg beider Anwendungen zeigte
sich, in dem Fr. K. die Oramoph-Tropfen (Morphinlösung gegen Atemnot), die auf
Bedarf angesetzt waren und aller 4 h von Fr. K. eingefordert wurden, während
meiner Dienste 14:00 Uhr regelmäßig nicht mehr verlangt wurden. Im Frühdienst
konnte sie die 10:00 Uhr Gabe auslassen – auch an Tagen in denen ich keine Zeit
für Zusatzanwendungen hatte. Meine Anwesenheit reichte dort scheinbar schon
aus.
Derzeit absolviert Denise noch den MediAkupress Praktiker "Konzept begleitende Hände", die MediAkupressur findet bei ihr ein breites Anwendungsgebiet, zur Aromapflege wie z.B.
bei Unruhe, Angst
bei Atmenot
bei Ödemen
bei Übelkeit
bei Schmerzen uvm.
Danke liebe Denise für die Erlaubnis, diese
Facharbeit in Auszügen hier zu veröffentlichen!!!
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